Dienstag, 10. Januar 2012

Diakonie fordert bedarfsgerechte Hilfen für Erwerbslose: Eurostat-Studie ermittelt traurigen Spitzenwert

Diakonie fordert bedarfsgerechte Hilfen für Erwerbslose: Eurostat-Studie ermittelt traurigen Spitzenwert

Berlin, 10. Januar 2012   Schlecht bezahlte Stellen, prekäre Beschäftigung und andauernde Befristungen führen nach Ansicht der Diakonie zu äußerst geringen Ansprüchen auf Arbeitslosengeld. "Es ist nicht hinnehmbar, dass mehr als zwei Drittel der Erwerbslosen in Deutschland unterhalb der Armutsrisikogrenze leben. Selbst mit Job sind in Deutschland knapp drei Millionen Menschen von Armut bedroht", sagt Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier am Dienstag zu den Ergebnissen der Eurostat-Studie.

Jahrelang habe die Politik behauptet, jede noch so prekäre Beschäftigung sei das beste Mittel gegen Armut. "Stattdessen sind immer mehr Menschen dem Drehtüreffekt aus schlechter Arbeit und unzureichenden Sozialleistungen  ausgesetzt. So verfestigt sich Armut und Auswege werden verbaut", betont Stockmeier.

Nach Ansicht der Diakonie raubten die umfassenden Kürzungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik und der immer stärkere Druck auf Erwerbslose, Stellen anzunehmen, die nicht zum Leben reichen, den Erwerbslosen jegliche Möglichkeiten, Armut aus eigener Kraft zu überwinden. "Armut in Deutschland ist ein strukturelles Problem, kein individuelles Versagen. Heute mehr denn je ist eine Sozialpolitik nötig, die gute und zum Leben ausreichende Arbeit, hinreichende Hilfen für Erwerbslose und bedarfsgerechte Hartz-IV-Regelsätze zum Maßstab hat", erklärt der Diakonie-Präsident.

Nach der Strategie Europa 2020 soll die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen um 20 Millionen - etwa 17,4 Prozent - verringert werden. Wenn die Vorgaben eins zu eins auf die einzelnen Mitgliedstaaten umgelegt würden, müsste Deutschland rund 2,8 Millionen Menschen vor dem Risiko der Armut oder sozialer Ausgrenzung bewahren. "Der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung strebt aber nur eine Reduzierung auf 660.000 Personen an, weil lediglich die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit als Indikator für die Überwindung von Armut gewählt wurde. Berücksichtigt werden weder die Qualität der Arbeit noch die Inklusion anderer sozial Benachteiligter", kritisiert Stockmeier. Auch die EU-Kommission habe das Nationale Reformprogramm kritisch aufgenommen, unter anderem weil es keine nachhaltigen Ansätze zur Armutsbekämpfung enthalte.

Die Studie der europäischen Statistikbehörde Eurostat hat ergeben, dass 70 Prozent der erwerbslosen Menschen in Deutschland von Armut bedroht sind. In der EU sind durchschnittlich 45 Prozent der Arbeitslosen armutsgefährdet.


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